Begründer der Osteopathie ist der amerikanische Arzt Andrew Taylor Still (1828-1917). Im amerikanischen Sezessionskrieg kämpfte er auf der Seite der Nordstaaten und behandelte die Verwundeten. Was ihn von der etablierten Medizin seiner Zeit abbrachte waren persönliche Schicksalsschläge, innerhalb kurzer Zeit starben vier Mitglieder seiner Familie, darunter zwei Kinder, die an Meningitis erkrankt waren. Die Ärzte hatten keine Möglichkeiten, ihnen zu helfen. Dies war ein Wendepunkt in seinem Leben, er begann intensiv zu forschen, zu studieren und zu experimentieren. Im Jahre 1874 stellte er seine neue Form des Therapierens unter dem Namen Osteopathie vor. Das Besondere an der Osteopathie ist, dass sie auf zwei Säulen basiert.
Zum Einen das philosophische Konzept, das in vier Kernsätzen zusammengefasst wird:
- Die Arterie ist das Wichtigste
- Funktion and Struktur hängen zusammen
- Der Körper ist eine Einheit
- Der Körper heilt sich selbst
Zum anderen die Behandlung, bei der der Osteopath mit den Händen die Struktur entsprechend den oben stehenden vier Kernsätzen ausrichtet, so dass
- Blut und Lymphe frei zirkulieren und die Nerven nicht behindert sind
- die Funktion des Körpers durch die bessere Struktur verbessert wird
- Körper, Seele, Geist in Harmonie sind
- Der Körper dadurch in die Lage versetzt wird, sich selbst zu heilen
Kraniosakrale Osteopathie
Die Osteopathie hat sich im Laufe der Zeit weiter entwickelt. Schon ein Schüler von A. T. Still, Dr. William Garner Sutherland (1873-1954) entdeckte den kraniosakralen Rhythmus als wesentliches therapeutisches Instrument. Sutherland beschäftigte sich intensiv mit der Frage, warum wir die Schädelnähte haben, warum der Schädel nicht nach Abschluss des Wachstums vollständig, sozusagen fugenlos verknöchert. In vielen Selbstversuchen fand er heraus, dass diese Nähte eine, wenn auch minimale, Bewegung erlauben, er fand heraus, dass diese Bewegung nicht nur im Kopf stattfindet sondern als rhythmische Welle den gesamten Körper durchpulst, seinen Ursprung aber innerhalb des Schlauches zwischen Schädel (Kranium) und Kreuzbein (Sakrum) hat. Zwischen Schädel und Kreuzbein fließt die Gehirnrückenmarksflüssigkeit, der Liquor cerebrospinalis.
Bei der Behandlung geht es darum, diesen feinen Rhythmus zu spüren und Blockaden zu lösen, so dass der Liquor wieder frei fließen kann. Diese Bewegung ist die erste, die in der Entwicklung des Embryos auftritt, lange bevor Herzschlag und Atmung einsetzen, deswegen bezeichnete sie Dr. Sutherland als den primären Atem. Sie ist auch die letzte, die nach dem Tod des Menschen noch spürbar ist.
Mehr noch als bei der ursprünglichen Form der Osteopathie, die heutzutage als parietale Osteopathie bezeichnet wird, tritt der Therapeut bei der kraniosakralen Osteopathie in den Hintergrund, er hört auf den Rhythmus und gibt nur minimale Impulse, doch die Wirkung kann sehr tiefgreifend sein.
Viszerale Osteopathie
Ein neuerer Zweig der Osteopathie beschäftigt sich mit den inneren Organen. Jean-Pierre Barral, der bekannte französische Osteopath und sein Kollege Jacques Weischenk haben die sogenannte viszerale Osteopathie entwickelt. Dieser Bereich ist für eine erfolgreiche Behandlung ebenfalls wichtig, denn nicht nur kann die Struktur, z. B. ein verschobener Wirbel über eine schlechtere nervale Versorgung ein Organ in seiner Funktion einschränken, es kann auch ein Organ auf verschiedene Weisen die Struktur verändern und deren Beweglichkeit behindern.
Neue Diagnostik und das elektromagnetische Feld
Eine entscheidende Weiterentwicklung verdanken wir dem israelischen Osteopathen Moshe Kastiel, der mit seiner Frau gemeinsam in München ein Forschungszentrum und eine Osteopathieschule gegründet hat.
Er suchte nach Möglichkeiten die diagnostischen Instrumente der Osteopathie, nämlich Inspektion und Palpation (also anschauen und fühlen) um objektiv nachprüfbare Parameter zu ergänzen. In der Praxis zeigte sich nämlich, dass auf diese subjektiven Befunde kein Verlass ist und auch erfahrene Osteopathen beim gleichen Patienten zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
In der Kinesiologie nach Dr. Goodheart fand Moshe Kastiel das geeignete Werkzeug, das – korrekt angewandt – zu nachprüfbaren Ergebnissen führt.
Ein weiteres Thema ist die Suche nach dem, „was die Welt im Innersten zusammenhält“. In der Osteopathie gab es die drei Zweige parietal, kranial und viszeral, doch es fehlte lange die Gesamtsicht: Gibt es eine Hierarchie der drei Systeme, gibt es eine logische Abfolge der Fehlfunktionen und Fehlstrukturen und wenn ja, nach welchem Schema? Gibt es eine übergeordnete „Struktur“? Und ganz wichtig, wie lässt sich das für die Therapie nutzen. Hier kamen Moshe Kastiel und sein Team bereits zu spannenden Ergebnissen und die Forschungen sind noch nicht abgeschlossen. Doch ein wesentlicher Faktor scheint das elektromagnetische Feld zu sein, das jeden Menschen und überhaupt jedes Lebewesen umgibt.